Verleihung des Winfriedpreises 2023

Verleihung des Winfriedpreises 2023 (von links): Weihbischof Karlheinz Diez, Stadtverordnetenvorsteherin Margarete Hartmann, Oberbürgermeister Dr. Heiko Wingenfeld, Bettina Langer (Tochter des Stifters), Preisträger Navid Kermani und Laudator Prof.Dr. Claus Leggewie.

Preisträger Navid Kermani: "Frieden ist möglich" / Klare Stimme im öffentlichen Diskurs / Für die Menschlichkeit

 

FULDA, 7. November 2023: Für seine bemerkenswerten Beiträge zum Dialog zwischen Religionen und Kulturen sowie zur Verständigung und Integration in unserer Gesellschaft hat der Schriftsteller und Publizist Navid Kermani den Winfriedpreis 2023 der Stadt Fulda erhalten. Die feierliche Preisverleihung fand im sehr gut gefüllten Fürstensaal des Stadtschlosses statt. Oberbürgermeister Dr. Heiko Wingenfeld begrüßte die Gäste, unter ihnen auch den emeritierten Abtprimas Prof. Dr. Notker Wolf, Träger des Winfriedpreises 2016. 

Navid Kermani, so Wingenfeld, habe schon seit einigen Jahren im Fokus der Beratungen des Kuratoriums gestanden. 2015 sei er im Rahmen der Lesereihe "Literatur im Stadtschloss" erstmals zu Gast in Fulda gewesen und habe aus seinem Werk "Entlang der Gräben" gelesen. Die Lesung und auch die anschließenden Gespräche seien ihm nachdrücklich in Erinnerung geblieben. "Sie erweisen sich immer wieder als starke und klare Stimme im öffentlichen Diskurs, die mit differenzierten Betrachtungen für den Blick unter die Oberfläche und für eine klare Haltung, für die Menschlichkeit steht." Das vielschichtige Werk von Navid Kermani betrachte er als kommunalpolitisch Verantwortlicher auch als konkreten gesellschaftlichen Handlungsauftrag. "Völkerverständigung und das Einstehen für den Frieden ist nicht nur eine Aufgabe der Außenpolitik, sondern eine konkrete Aufgabe im Zusammenleben in einer örtlichen Gemeinschaft. Und das ist für uns das Zusammenleben in unserer Stadt", betonte das Fuldaer Stadtoberhaupt. 

Die Laudatio für den Preisträger hielt der bekannte Politikwissenschaftler Dr. Claus Leggewie,  Professor an der Universität Gießen. Er stellte den "anstößigen" Kermani in den Mittelpunkt seiner Ansprache, denjenigen, der immer wieder Denkanstöße gebe. 

In seinen Dankesworten hob Navid Kermani den großen Wert des europäischen Projektes hervor und äußerte seine Sorge, dass wir dabei seien, diese Errungenschaft zu verspielen, indem wir sie nicht genug wertschätzen. Die Tatsache, dass wir in Europa seit mehr als 70 Jahren ohne Krieg leben, sei nicht selbstverständlich. Gleichzeitig habe es in dieser Zeit aber eine Vielzahl an Kriegen gegeben, in Afghanistan, im Irak, in Syrien, im Libanon, in Tigray/Äthiopien, im Jemen. Der Krieg in der Ukraine herrsche bereits seit 2014, das sei lange ignoriert worden.
Was ihn aktuell besonders umtreibe, sei die Lage im Nahen Osten und die Reaktion im Westen auf den "Zivilisationsbruch", den Überfall der Hamas. Seine Hoffnung sei, dass aus dem Schrecken schlussendlich die Einsicht erwachen möge, dass Juden und Araber gemeinsam auf diesem Fleckchen Erde leben können, so wie es in der Geschichte bereits der Fall war. "Die einzige realistische Aussicht wie Juden und Araber zusammenleben können, ist Frieden - nicht die harte Hand."
Beim Blick auf das Leben des Heiligen Bonifatius, nach dem der Winfriedpreis benannt ist, habe ihm eine Begebenheit besonders gefallen: Als Bonifatius die dem Kriegsgott Thor geweihte Eiche gefällt hat, hatten die Menschen Angst davor, was passiert. "Passiert ist - nichts. Man kann den Baum des Kriegsgottes fällen und es passiert nichts. Frieden ist möglich," so Navid Kermani.

Hintergrund: Der Winfried-Preis

Seit dem Jahr 2001 verleiht die Stadt Fulda jährlich den Winfried-Preis an Persönlichkeiten, die sich in besonderem Maße für Menschenrechte und die Völkerverständigung in Europa verdient gemacht haben. Namensgeber für den mit 10.000 Euro dotierten Winfried-Preis ist der Heilige Winfried Bonifatius, der in Fulda begraben ist und bisweilen als der „erste Europäer" des Frühmittelalters bezeichnet wird. Der Winfried-Preis wird von der Dr. H.-G.-Waider-Stiftung vergeben. Stifter des Winfried-Preises ist der 1926 in Fulda geborene Unternehmer Dr. Heinz G. Waider (gestorben 2015 in Neuss). Dr. Heinz G. Waider war aufgrund seiner persönlichen Kriegserfahrungen zu der Erkenntnis gelangt, dass Kriege nur durch ein offenes und friedliches Neben- und Miteinander aller Menschen verhindert werden können. Aufgrund der besonderen Verbundenheit des Heiligen Bonifatius - aber auch des Stifters selbst - mit der Stadt Fulda wird der Preis in Fulda verliehen.

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