Weiterentwicklung im Tiergarten Fulda

Künftig wird es im Tiergartenareal auch Mischbereiche geben, in denen sich Mensch und Tier frei bewegen können. Foto: Stadt Fulda/Christian Tech
Unter fachkundiger Begleitung können insbesondere Kinder ganz neue Erfahrungen mit Tieren sammeln. Foto: Stadt Fulda/Christian Tech

Neue tierpädagogische Angebote für Kinder / Steigerung der Aufenthaltsqualität durch Baumaßnahmen 

Die Zeichen stehen auf Veränderung: Im Tiergarten Fulda wird sich bis zur Landesgartenschau (LGS) 2023 viel verändern. Die gesamte Fläche wird Teil des LGS-Geländes und neugestaltet. Passend zu den baulichen Veränderungen setzen die Verantwortlichen künftig auch neue inhaltliche Schwerpunkte. „Wir möchten die Mensch-Tier-Begegnung in den Vordergrund stellen und durch erlebnispädagogische Konzepte begleiten“, fasst Dr. Bianca Reith, Tierärztin und fachliche Leiterin des Tiergartens, den inhaltlichen Anspruch zusammen. So wird es bald ein breites pädagogisches Angebot für Schulklassen und Kindergartengruppen geben. Geplant ist, den bisherigen Zoo-Charakter zurückzunehmen und stattdessen einen vielseitigen Lern- und Begegnungsort zu schaffen. 

Die baulichen Maßnahmen sowie das inhaltliche Konzept greifen ineinander und sollen zu einem geschützten Raum führen, in dem sich Mensch und Tier in einer naturnahen Umgebung „auf Augenhöhe“ treffen können. Vorgesehen ist, dass sich das Gelände des Tierparks zukünftig in drei Bereiche gliedert: Einen Abschnitt nur für Tiere – die Gehege –, einen nur für Menschen – etwa den Eingangs- und Bistrobereich –, sowie einen Bereich, in dem sich bestimmte Tierarten wie Hirsche, Schafen oder Ziegen dauerhaft oder zeitweise frei bewegen können und die unmittelbare Begegnung mit dem Menschen möglich ist. Geplant ist sogar ein Spielplatz, auf dem sich Ziegen und Kinder zeitgleich befinden können. „Dies ist kein Streichelbereich, sondern eine Zone, in der unter Anleitung von pädagogischem Personal das Miteinander zwischen Mensch und Tier in den Vordergrund rückt“, verdeutlicht Dr. Reith, die in Kürze ihre Ausbildung zur Fachkraft für tiergestützte Intervention beginnt. 

Mit dieser Ausbildung will die Tierärztin und Sozialpädagogin das notwendige Wissen erwerben, um professionelle Sozialarbeit mit Tieren anbieten zu können. Ein anspruchsvolles Ziel, das die fachliche Leiterin des Tiergartens durch eine Zertifizierung des Tiergartens als Mensch-Tier-Begegnungshof fundiert begleitet wissen möchte. Diese Höfe nehmen die Beziehungsqualität zwischen Mensch und Tier in den Fokus und legen großen Wert darauf, für einen respektvollen Umgang miteinander zu sensibilisieren. „Wir haben schon während des Lockdowns mit Tiertraining begonnen. Dabei geht es nicht darum, unseren Tieren Kunststücke beizubringen, sondern ihnen Sicherheit im Umgang mit uns und anderen Menschen zu geben. Dies ist wichtig, damit sie später im unmittelbaren Kontakt mit Kindern nicht in Angst und Stress geraten, sondern den Kontakt entspannt genießen können“, erläutert die Tierärztin. Auch wenn das Tiertraining noch einige Zeit in Anspruch nehmen wird, wurden bereits erste Lernangebote – ohne unmittelbare Nähe zum Tier – geschaffen. In Zusammenarbeit mit dem Umweltzentrum Fulda wird ein gemeinsamer Workshop „Vom Schaf zur Wolle“ angeboten. Hier erleben Kinder im Tiergarten, was Schafe fressen, wie sie leben und aussehen, bevor die kleinen Besucher auf dem Gelände des Umweltzentrums selbst Wolle filzen. „Dieses Angebot wird sehr gut angenommen“, unterstreicht Timo Heumüller, Leiter des Umweltzentrums. In enger Kooperation wolle man künftig weitere Angebote schaffen, wie Alexander Sust, ebenfalls Leiter des Umweltzentrums, betont. Denn für beide beteiligten Einrichtungen ist die Zusammenarbeit ein großer Gewinn: Das Umweltzentrum kann auf umfangreiche Erfahrungen in der Kinder- und Jugendarbeit blicken und verfügt über qualifizierte pädagogische Mitarbeiter, während der Tiergarten mit seinem Konzept neue inhaltliche Schwerpunkte erschließt.   

Bis zur LGS wird das Tiergarten-Gelände von knapp zwei auf nahezu vier Hektar vergrößert. Die Erweiterungsflächen liegen allesamt im nordwestlichen Bereich des bisherigen Tiergartens. Neben einem neuen Wirtschaftshof, der auch als Nebeneingang dienen soll, wird es ein zusätzliches Wegenetz, großzügige Gehege und Freiflächen sowie Ruhezonen und Rückzugsbereiche für Mensch und Tier geben. Hierzu gehören auch geschützte Räume für die tierpädagogische Arbeit – etwa Gruppenbereiche mit Schäferwagen, Lern- und Aufenthaltsräumen. 

„Beim Tierschutz werden wir höchsten Standards entsprechen: Dies betrifft die gesamte Haltung – von der Gehegegröße bis hin zur Fütterung. Deshalb wird auch das Füttern künftig einen neuen Charakter erhalten“, erläutert Dr. Reith. Zum Bestand des Tiergartens zählen überwiegend Grasfresser wie Schafe und Ziegen. „Das, was in den Futtertüten steckt, ist für sie wie Schokolade für uns und damit im Übermaß gesundheitsgefährdend. Deshalb werden wir die Anzahl der Futtertüten begrenzen.“ Stattdessen sollen die jungen Besucher aktiv in die Abendfütterung einbezogen werden und auf diese Weise das Sozialleben der Tiere kennenlernen. So gibt es etwa eine Rangordnung innerhalb des Geheges, wer zuerst fressen darf. „Wir möchten, dass Kinder dies erleben und verstehen“, unterstreicht die engagierte Veterinärin, die Wert darauf legt, dass trotz der zahlreichen Neuerungen der Tiergarten auch weiterhin für Besucher regulär geöffnet bleibt. 

„Der Tiergarten hat ein zukunftsweisendes Konzept entwickelt“, zeigt sich Oberbürgermeister Dr. Heiko Wingenfeld beeindruckt. Das geplante hochwertige tierpädagogische Angebot ergänze das vorhandene städtische Freizeitangebot für Familien und Kindergruppen in bester Weise. „Dank der Einbeziehung in das Gelände der Gartenschau können wir den Tiergarten gezielt fördern und die baulichen Voraussetzungen schaffen, die für das innovative Vorhaben des Tiergartens notwendig sind. Der neu gestaltete Tiergarten wird sicherlich ein gelungener Baustein der LGS werden und auch darüber hinaus eine hohe Anziehungskraft ausüben“, ist sich Dr. Wingenfeld sicher.