Intensiver Austausch bei viertägigem Symposium
FULDA, 15. MÄRZ 2022: Insgesamt rund 200 Besucherinnen und Besucher haben in der vergangenen Woche das von der Bürgerschaftlichen INITIATIVE Fulda und der Stadt Fulda veranstaltete Fuldaer Föderalismus Forum verfolgt: Sie erlebten einen intensiven Austausch zwischen Wissenschaft, Politik und Öffentlichkeit. Die Schirmherrschaft hatte der hessische Kultusminister Prof. Dr. R. Alexander Lorz übernommen, der zum Abschluss selbst als Teilnehmer einer Diskussionsrunde zu Gast beim Forum war.
In sieben Sektionen und zwei Podiumsdiskussionen haben renommierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Deutschland, Großbritannien, Frankreich und der Schweiz sowie Experten aus der politischen Praxis über die Geschichte und Gegenwart des Föderalismus referiert und gemeinsam mit der interessierten Öffentlichkeit diskutiert. Die Tagung legte ihren Schwerpunkt auf die historischen Übergänge und Wandlungsprozesse der föderalen Staatlichkeit in Deutschland seit Gründung des Deutschen Kaiserreichs im Jahr 1871. Neben den demokratisch verfassten deutschen Staaten der Weimarer Republik und der Bundesrepublik Deutschland widmeten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auch dem NS-Regime und der DDR mit ihren jeweiligen zentralistischen Staatsdoktrinen. Der heutige Föderalismus in Deutschland rückte insbesondere vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie und des Ukrainekriegs in den Blick, welche die Stärken und Schwächen der föderalen Ordnung wieder besonders ins Bewusstsein der Öffentlichkeit riefen.
Der wissenschaftliche Leiter der Tagung, Prof. Dr. Andreas Wirsching vom Institut für Zeitgeschichte München–Berlin, hob hervor, dass das Austarieren des nationalstaatlichen Prinzips und des föderalen Prinzips ein Dauerthema in der deutschen Politik darstellt: Während das nationalstaatliche Prinzip häufig mit der Hoffnung auf eine stärkere Einheitlichkeit, Transparenz und Durchsetzungsfähigkeit verbunden werde, gehe das föderale Prinzip mit der Erwartung verstärkter Partizipation und Vielfalt einher.
Im Laufe der Tagung rückten ganz unterschiedliche Grundfragen föderaler Ordnungen in den Mittelpunkt der Gespräche. Dazu gehörte das Verhältnis des Föderalismus zur Demokratie und zu den Parteien, seine Bedeutung in der Bildungspolitik und für die Finanzverfassung, seine Entwicklung im Zuge der europäischen Integration sowie die Reform(un)fähigkeit föderaler Ordnungen angesichts zunehmender Verflechtungen zwischen der Bundes- und Länderebene.
Zum Abschluss der Tagung fand ein hochkarätig besetztes Symposium zum Föderalismus in der Corona-Krise statt. Neben dem hessischen Kultusminister Lorz nahmen daran – zum Teil über Video zugeschaltet - der ehemalige Finanzminister Sachsen-Anhalts, Prof. Dr. Karl-Heinz Paqué, der Amtschef des Bayerischen Ministeriums für Gesundheit und Pflege Dr. Winfried Brechmann und der Völker- und Staatsrechtler Prof. Dr. Christian Walter von der Ludwig-Maximilians-Universität München teil. Bereits zwei Tage zuvor hatten bei der ersten Podiumsdiskussion, die in Kooperation mit dem Fuldaer Geschichtsverein im Kanzlerpalais stattfand, der Präsident des Hessischen Landesarchivs, Prof. Dr. Andreas Hedwig, mit Ex-Staatsminister Dr. Alois Rhiel und dem Fuldaer Kulturamtsleiter Dr. Thomas Heiler über die Neugründung des Landes Hessen und seinen Weg in die Bundesrepublik diskutiert.
Der viertägige Fachkongress stieß auf große Resonanz in der Fuldaer Bürgerschaft. An den Veranstaltungen des Haupt- und Rahmenprogramms nahmen insgesamt rund 200 Besucherinnen und Besucher teil – darunter waren auch mehrere Schulklassen, die auf diese Weise einmal ihren Geschichtsunterricht ins Stadtschloss verlegten und auch einmal eine historische und politische Diskussionskultur in einer Tiefe erleben konnten, wie sie heutzutage meist nur noch im wissenschaftlichen Betrieb der Hochschulen gepflegt wird. Die Ergebnisse der viertägigen Zusammenkunft sollen in einem Themenband aufbereitet und so der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.